Altdeutsche Deckung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 22. März 2013, 17:38 Uhr

Einleitung

St. Peter und Paul, Eslohe
EinfacheWandFlaeche.png Die altdeutsche Deckung mit Schiefer wird sowohl
auf dem Dach --->>
als auch
<<--- an der Wand
ausgeführt.
Altdtdachdeckung.png

Die Deckung wird mit Decksteinen im normalen und/oder scharfen Hieb ausgeführt.

Deckstein normaler hieb.jpgDeckstein scharfer hieb.jpg
normaler Hiebscharfer Hieb

Merkmale der altdeutschen Deckung

Durch die vor mehr als 100 Jahren übliche Art des Schieferabbaus, fielen untertage Steine unterschiedlicher Größe an. Da der Abraum ca 80% betrug, sollten die restlichen Steine unterschiedlicher Größe möglichst verlustfrei für die Dachdeckung eingesetzt werden. Große Steine wurden an der Traufe, wo das meiste Wasser anfiel eingesetzt. Zum First hin wurden die Steine somit kleiner. In einem Gebinde konnte man gleich große Steine, aber verschiedener Breite verwenden. So war es möglich unterschiedliche Steingrößen, wie wie sie beim Abbau anfielen, Rechnung zu tragen.

Merkmale der altdeutschen Deckung sind also:

   * unterschiedliche Steinhöhe 
   * unterschiedliche Steinbreiten in einem Gebinde mit  
     der Möglichkeit des Übersetzens
   * eingebundene Orte 
   
Uebersetzen altdtsch.jpg Auf dem nebenstehenden Bild sieht man schön die unterschiedlichen Steingrößen bei einer altdeutschen Dachdeckung. Die Steine bei (2) sind wesentlich schmaler, als die Steine bei (1).

Dadurch ist es jedoch gelegentlich notwendig zu übersetzen, d.h. einen großen Deckstein durch zwei kleinere zu überdecken, wie bei (3) zu sehen ist.

Die Steine werden nicht in festen Größen, sondern in Sortierungen geliefert. Auf dem Dach beginnt man an der Traufe mit den großen Steinen. Zum First hin werden die Steine kleiner. Zusätzlich wird zur Verbesserung der Regensicherheit mit Gebindesteigung eingedeckt. Mehr Informationen dazu finden Sie unter altdeutsche Dachdeckung.

Die Schiefer sind innerhalb der Überdeckung zu lochen und je nach Steingröße mit mindestens zwei oder drei Nägeln zu befestigen. Die Lochung hängt von der Kopfform des verwendeten Nagels ab. Nägel mit Flachkopf erfordern eine andere Lochung als Nägel mit Senkkopf.

Da Steine unterschiedlicher Breite in einem Gebinde verarbeitet werden, kann es nötig werden zu übersetzen. Lesen Sie dazu mehr hier

Bezeichnungen

Schuppe mit bez.gif

Die Bezeichnungen des Decksteins rühren daher, dass der Dachdecker, der im Winter auf der Grube die Steine für das kommende Jahr vorbereitete, im Freien saß und Wind und Wetter ausgesetzt war. Dabei auf der Haubank sitzend plagte ihn das Zipperlein, und er bekam einen 'runden' und schmerzenden Rücken. Skizziert man sich also einen solchen geplagten Dachdecker auf einen Deckstein und ordnet Fußspitze und Decksteinspitze einander zu, so ist eine Verwechslung von Rücken und Fuß am Deckstein ausgeschlossen. Der hier abgebildete Stein ist ein rechter Deckstein, der für eine Rechtsdeckung (von links nach rechts) geeignet ist. Bei der Steingröße wird zuerst die Steinhöhe und dann die Steinbreite angegeben. Die Bezeichnung 22/18 bedeutet also:

Steinhöhe: 22 cm Steinbreite: 18 cm

Hier ist ein rechter Deckstein abgebildet. Beim rechten Deckstein ist die Spitze rechts, und er wird für eine Rechtsdeckung (von links nach rechts) eingesetzt. Umgekehrt ist beim linken Deckstein die Spitze links, und er wird für die Linksdeckung eingesetzt. Es ist jeweils zu beachten, dass die Schieferdecksteine von der Rückseite aus behauen werden. Dabei entstehen sichtbare Bruchkanten am Fuß, Rücken und Kopf. Die Brustkante wird dagegen immer scharf behauen, d.h. von der Vorderseite aus. Bei Decksteinen sind weiterhin die in der folgenden Zeichnung angegebenen Bezeichnungen üblich: Deckstein bez winkel.jpg

Bei der Decksteinbezeichnung ist zu beachten, dass die Steinbreite nicht am Fuß, sondern an der breitesten Stelle des Steines (auf der Gebindelinie) gemessen wird.

Hieb

Geometrie

Normaler hieb.gif Scharfer hieb.gif
normaler Hieb scharfer Hieb

Die nachfolgende Tabelle beschreibt den Zusammenhang zwischen Rücken- und Brustwinkel, Höhen- und Seitenüberdeckung bei den Decksteinen im scharfen und normalen Hieb.


normaler Hieb scharfer Hieb
Höhenüberdeckung 29% 29%
Seitenüberdeckung 29% 38%
Rückenwinkel 125° 135°
Brustwinkel 74° 65°

Die Prozentzahlen beziehen sich immer auf die Steinhöhe.

Würde man die Seitenüberdeckung als Prozentanteil der Steinbreite ermitteln, würde das bedeuten,
dass beim altdeutschen Dach die Steine in einem Gebinde unterschiedliche Seitenüberdeckung
hätten - schmale Deckstein weniger als breite Deckstein. In einem Gebinde müssen aber 
alle Decksteine die gleiche Überdeckung haben. 


In der nachfolgenden Darstellung sieht man deutlich den Unterschied in der Seitenüberdeckung bei gleicher Steinhöhe der Decksteine. Rot ist die Überdeckung des Decksteins im normalen Hieb (oberer Stein) gekennzeichnet.

Ueberdvgl.jpg

Warum scharfer und normaler Hieb

Da sich die Überdeckung aus der Steinhöhe errechnet, wird bei zum First hin kleiner werdenden Steinen aber auch die Überdeckung kleiner. Im normalen Hieb würde dann irgendwann die Mindestüberdeckung unterschritten werden. Bei einer Unterschreitung der Seitenüberdeckung wechselt man deshalb zu einem Stein des sogenannten scharfen Hiebes. Dadurch konnten auch kleinere Steine eingesetzt werden, die die nötige Seitenüberdeckung gewährleisten konnten.

Heute sind die Steingrößen und Überdeckungen durch Tabellen in den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks geregelt.

stumpfer Hieb

Stumpfer hieb.gif
Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass es noch einen sogenannten stumpfen Hieb gibt, der aber in den alten Bundesländern selten bis gar nicht eingedeckt wird. Seine Geometrie ist ein wenig komplexer als die Geometrie der in Westfalen bekannten Hiebformen. Das hauptsächliche Merkmal besteht darin, dass der Kopf nicht parallel zum Fuß behauen ist. Der Brustwinkel beträgt 75 Grad und der Rückenwinkel 115 Grad.

Behauen eines Decksteins

Beim Behauen eines Decksteins sind eine Reihe von Regeln zu beachten. Zunächst wird die Brust von der sichtbaren Seite des Steins, also scharf behauen. Der Grund dafür ist, dass mögliches Wasser, das in die Seitenüberdeckung eindringt, nicht unmittelbar durch Kapillarwirkung auf den darunter liegenden Stein gelangt. Danach wird der Stein gewendet und von der Unterseite weiter behauen.

Als Letztes wird immer der Kopf behauen, weil dann die Steingröße noch korrigiert werden kann. Bricht beim Behauen vom Fuß die Spitze weg, und der Kopf wäre bereits fertig behauen, so könnte der Stein unbrauchbar sein, da er zu klein wäre.

Für Rechtshänder

Im Folgenden wird die Reihenfolge beim Behauen des Schieferdecksteins durch einen Rechtshänder dargestellt. Die Steine sind von der Rückseite abgebildet.

Linker stein.png Linker Deckstein
  • Brust
  • wenden
  • Fuß
  • Rücken
  • Kopf
Video icon.png

Behauen eines linken Decksteins (4.7 MB, mpeg)


Rechter stein.png Rechter Deckstein
  • Brust
  • wenden
  • Rücken
  • Fuß
  • Kopf
Video icon.png

Behauen eines rechten Decksteins (4.4 MB, mpeg)


Für Linkshänder

Der Linkhänder behaut den rechten Deckstein so, wie ein Rechtshänder den linken Deckstein behaut und umgekehrt.

Video icon.png

Behauen eines linken Decksteins durch einen Linkshänder (1.1 MB, mpeg)

Behauen eines rechten Decksteins durch einen Linkshänder (1.1 MB, mpeg)

Lochung

Die Schiefer sind je nach Größe mit mindestens zwei bzw. drei Nägeln zu befestigen. Besondere Regeln gelten für Randsteine.

Lochung der Schiefer


Die Lochung richtet sich bei Schiefer nach der Kopfform des Schiefers. Wie man in der Skizze in der Mitte des Bildes sieht, müssen die Schiefer bei der Verwendung von Nägeln mit Senkkopf von der Rückseite gelocht werden, damit ein Krater entsteht, in den sich der Nagelkopf versenken kann.

Flachköpfe dagegen halten den Schiefer am besten, wenn der Kopf voll aufliegt. Dazu muss der Stein von der Vorderseite gelocht werden. Bis zu einer Steingröße von 24 cm sind mindestens 2 Befestigungsmittel, darüber mindestens drei Befestigungsmittel erforderlich. Während Firststeine nur in der Seitenüberdeckung befestigt werden, sollte normalerweise mindestens ein Nagel am Kopf und an der Brust verwendet werden. Der Schiefer sollte entsprechend mindestens drei bzw vier Löcher erhalten, da aufgrund des Schwundes der Schalung größere Fugen auftreten können, und ein Nagel ins 'Leere' stoßen könnte.

weiterführende Links